Vom Winde verweht

Zwischen Normandie und Bretagne, eine Reise entlang der Küste Nordfrankreichs

Eine Reise entlang der Atlantikküste Frankreichs stellt sicher für viele ein lohnendes Ziel auf ihrer langen Bucket List in Europa dar. Um dem Strom an Touristen ein wenig zu entfliehen entschlossen sich drei meiner besten Freunde, gleichzeitig auch gute Fotografen-Kollegen und Ich im Winter für einen kleinen Road Trip entlang der schönsten Küstenabschnitte Frankreichs von der Normandie bis in die Bretagne. Besonders in dieser Jahreszeit schreckt das raue und nasskalte Wetter viele Besucher eher ab, jedoch waren wir auch auf der Suche nach einer besonderen fotografischen Herausforderung.

Als zentraler Startpunkt mit einer guten Flugverbindung aus so gut wie jeder größeren Stadt in Deutschland kam nur Paris in Frage. Nachdem alle gegen späten Nachmittag gelandet waren machten wir uns sofort auf die erste Etappe in Richtung der Kreidefelsen von Etretat. Drei Stunden Autobahnstrecke später kamen wir endlich im Airbnb an und gönnten uns etwas Schlaf nach dem langen Reisetag.
Die Ruhe währte nicht lange, denn bereits gegen 7 Uhr klingelte der Wecker bereits und wir machten uns auf den Weg Richtung Steilküste. Mit bis zu 105 Meter Höhe erheben sich die drei wohl berühmtesten Felsentore der Normandie: Porte d’Aval et Aiguille, Manneporte und Falaise d’Amont über den beliebten Badeort Etretat. Entlang kleiner unbefestigter Pfade führt ein Weg vom Dorf hinauf zu den Klippen. Hier findet man noch Überreste von den deutschen Besatzern im 2. Weltkrieg, wie beispielweise eine alte Bunkeranlage.
Oben angekommen schlug uns ein Wind entgegen, wie ich ihn selten erlebt habe. Der Wetterbericht hatte nicht zu viel versprochen. Teilweise peitschte uns der Wind die Gischt mit über 120 km/h in Gesicht. Mit sicherer Distanz zu der abrutschgefährdeten Felskante war die Aussicht über den Atlantik nicht minder schön. Da es sich witterungsbedingt nicht länger als eine halbe Stunde in diesem nasskalten Wetter oben aushalten ließ, machten wir uns auch bald an den Abstieg und beschlossen vorerst die offene Küste zu umfahren.
So entschieden wir uns den nächsten Stopp in Honfleur einzulegen. Das beschauliche Fischer-Städtchen bekommt seinen Charme durch enge Gassen, die Reste der alten Befestigungsanlage aus dem 17. Jahrhundert und schmale Häuser. Besonders die pittoresken Fachwerkhäuser am alten Hafen „Vieux Bassin“ um den sich zahlreiche urige Restaurants und Cafés aufreihen geben ein schönes Fotomotiv ab. Nach einer kleinen Stärkung ging es auf eine etwas längere Etappe in Richtung St. Malo.
Unweit von der Stadt St. Malo liegt die Mittelalterburg Fort La Latte, welche hoch oben auf einer Klippe das Meer und die umgebende Heidelandschaft überragt. Dank ihrer gut restaurierten Burgmauern und Wehranlage diente sie schon öfters als Filmkulisse, wie zum Beispiel für den Film „Die Wikinger“. Leider ließen sich hier die wohl hauptsächlich einheimischen Touristen nicht vom Wetter abhalten und deshalb machen wir uns bald schon wieder auf den Weg in unbekanntere Gefilde.


Nicht einmal zehn Minuten entfernt befindet sich ein ebenso einmalig schöner Küsteabschnitt, das Cap Frehel. Diese Landzunge an der Côte d’Émeraude in der nordöstlichen Bretagne dient vor allem vielen Vögeln als Nistplatz und ist deshalb auch Vogelschutzgebiet. Nach einer zehn minütigen Wanderung vom Parkplatz, vorbei an einem 103 Meter hohen Leuchtturm bekommen wir erst wirklich die Ausmaße dieses Orten zu fassen. Auch hier ragen die Felsklippen über 70 Meter steil aus dem Meer und trotzen den vom Wind gepeitschten Wellen. Um dieses Naturschauspiel richtig einfangen zu können benötigt man die Flexibilität eines Weitwinkels, um die Ausmaße der Klippen zu erfassen, als auch eines leichten Teles um den Leuchtturm oder beispielsweise die vorbeifliegenden Vögel bildfüllen einzufangen. Beides bringt das Sigma 24-70 mm f 2.8 DG OS HSM mit sich und ist zu dem noch bildstabilisiert, was Aufnahmen auch bei schlechteren Lichtverhältnissen frei Hand möglich macht. Nachdem wir viele verschiedene Winkel der Landzunge fotografiert hatten wurde es auch langsam dunkel und wir entschieden uns den Rest des Tages mit einem gemütlichen Abendessen und dem Besuch einer Bar in St. Malo ausklingen zu lassen Am nächsten Morgen wurde es endlich Zeit uns einmal die Stadt selbst anzuschauen. Sie vereint eine fast 500 Jahre französische Seegeschichte, eine beeindruckende, historische Stadtmauer, kleine verwinkelte Gassen und schöne Sandstrände miteinander. Hier bekamen wir die Auswirkungen von Ebbe und Flut mit eigenen Augen besonders zu spüren. Mit einer Pegeldifferenz von bis zu 12 Metern zwischen Ebbe und Flut waren zum Sonnenaufgang noch Spaziergänge am Strand unterhalb der Stadtmauer problemlos möglich, bereits eine Stunde später jedoch nichts mehr vom Strand sichtbar. Nach dem Spaziergang auf der Stadtmauer machten wir uns auf Richtung Plougrescant wo ein weiteres Highlight der Bretagne auf uns wartete. Das Haus zwischen den Felsen oder auch „La Maison entre deux Rochers“ genannt ist ein einziger Ort des Zusammenspiels von Mensch und Natur. Die Küste der Halbinsel Plougrescant ist geprägt von Granitfelsen und vielen kleinen Inseln. Auf einer dieser Inseln findet man ein Haus das perfekt in eine Lücke von zwei großen Felsbrocken passt und so Wind und Wetter trotzt. Ein wirklich einzigartiges Motiv. Knapp 30 Kilometer entfernt wartete der erste Leuchtturm des Tages auf uns. Umgeben von rund gespültem rosafarbenem Granit ragt der 15m Hohe Phare de Ploumanac’h in die Landschaft. Solche oftmals fast kugelrunden Felsblöcke wie an diesem Strandabschnitt habe ich in dieser Größe und Farbe wirklich noch nie zuvor gesehen. Der nächste Leuchtturm auf dem Plan befand sich etwas weiter weg und wir entschieden die Restlichen auf dem Weg aus Zeitgründen auszulassen, da dieser für mich mit zu den wohl schönsten in der ganzen Bretagne zählt. Der Phare de Kermorvan befindet sich an der Spitze der gleichnamigen Halbinsel in unmittelbarer Nähe zur kleinen Stadt Le Conquet. Trotz des immer stärker einsetzenden Regens entschieden wir und die 10 Minuten Fußweg auf uns zu nehmen und standen am Ende leider vor einer Schranke, welche uns mitteilte, dass das Betreten der Anlage untersagt sei. Wir stellten jedoch schnell fest, dass sich hier kaum einer an dieses Verbot hielt, da zahlreiche ausgetretene Pfade um die Mauer erkennbar waren. So folgen wir beherzt einem dieser Wege und der freie Blick auf den Leuchtturm tat sich langsam vor uns auf. Besonders auffällig ist seine scharfkantige, viereckige Form und dass er nur über einen schmalen Weg erreichbar auf ein Felsplateau direkt in den Atlantik gebaut wurde. Da uns der anhaltende Regen das Fotografieren erschwerte machten wir uns schon bald auf den Rückweg, um vor der einsetzenden Dämmerung noch den letzten Leuchtturm auf unserer Liste zu erreichen. Auch der Phare de Petit Minou gehört wohl mit zu den bekannteren Motiven in der Bretagne. Er markiert den Weg durch die Meerenge von Brest. So war es nicht verwunderlich, dass wir in der Ferne mehrere vorbeifahrende Marineschiffe erspähen konnten, die wohl auf dem Rückweg in den Hafen von Brest waren. Der Leuchtturm selbst wurde 1848 gebaut, jedoch sieht man auch an diesem Ort die Zeichen des Zweiten Weltkrieges, da sich auch hier eine größere Bunkeranlage finden lässt. Mit einsetzender Dunkelheit wurde es immer schwieriger zu Fotografieren und so entschlossen wir uns schon gegen 18 Uhr in das neue Airbnb zu fahren.

Da der Wetterbericht für den nächsten Morgen wieder etwas zuversichtlicher aussah entschieden wir uns zum Sonnenaufgang zu der Steilküste von Pointe de Pen-Hir zu fahren. Diese felsige Landspitze liegt auf der Halbinsel von Crozon und erhebt sich knapp 70 Meter über das Meer. Sie besteht aus einer Ansammlung von großen Felsblöcken, die einzeln aus dem Meer herausragen, sogenannten Erbseninseln. Trotz des sonnigen Starts wurden wir auch hier von dunkeln Wolken überraschst, welche uns aber immerhin den Blick auf einen schönen Regenbogen ermöglichten. Danach ging es für uns ein wenig weiter ins Landesinnere. Das winzige Dörfchen Saint Cado ist eine, nur über eine kleine Straße erreichbare, Insel im Mündungsbereich der Etel. Dort hat das Meer den Flusslauf zurückerobert und eine Vielzahl von beschaulichen Buchten und kleinen Inseln geschaffen. Das alte Wächterhäuschen des ehemaligen Sardinenfischerhafens St. Cado, welches auf der winzigen Insel „Nichtarguer“ steht, gibt ein einzigartiges Fotomotiv ab. Um das Häuschen bildfüllend eine gewisse Tiefe zu verleihen ist ein lichtstarkes Telejektiv, wie das 70-200 2.8 DG OS HSM perfekt geeignet, welches auch bei wechselnden Lichtbedingungen einen angenehmen Bildlook erzeugt. Nach einem mittäglichen Café gegen die aufkommende Müdigkeit setzten wir unsere Reise fort und bereits eine halbe Stunde später erreichten wir unser Nächstes Ziel, die Halbinsel Quiberon. An ihrer schmalsten Stelle misst diese nur 22 Meter und war bis ins frühe Mittelalter deshalb sogar eine vom Meer umschlossene Insel. Die Halbinsel wird von Einheimischen, als auch Touristen gern besucht, da sie sowohl eine wilde Küste mit Buchten und Klippen im Westen als auch feine Sandstrände im Osten zu bieten hat. Am Ende der beiden Küstenabschnitte mit über 8 Kilometern Länge ergibt sich ein traumhafter Blick auf das Schloss „Château Turpault“. Vom Hunger getrieben entdeckten wir direkt an der Küste mit Blick auf das Schloss ein kleines Restaurant „Le Vivier“, das trotz des stürmischen Wetters scheinbar gut besucht schien. Das auf jeden Fall nicht ohne Grund, denn die Meeresfrüchte hier schmeckten wie frisch aus dem Ozean gefangen und serviert. Nach dieser kleinen Stärkung entschieden wir uns nach einem kurzen Spaziergang entlang der Küste bereits in Richtung unsere letzten Station, der Hauptstadt der Bretagne; Rennes aufzubrechen, da wir am nächsten Tag bis Paris noch einmal über 7 Stunden Autofahrt vor uns hatten. Die Stadt Rennes ist eine durch viele Studenten sehr junge und lebenswerte Stadt, die jedoch durch ihre historische Altstadt, viele Fachwerkhäuser und schmale Pflastergassen auch fotografisch einiges zu bieten hat. Wir ließen den Abend dennoch ruhig in einer Bar mit Burger und Fußball ausklingen. Am nächsten Tag wartete schließlich die lange Fahrt zum Flughafen in Paris auf uns. Diese verlief zum Glück ohne große Zwischenfälle und wir konnten trotz Vorboten des Coronavirus in Europa sicher wieder nach Deutschland zurückkehren. Rückblickend kann ich sagen, dass sich die Reise an die Küste Nordfrankreichs im Winter auf jeden Fall gelohnt hat. Man bekommt durch das raue Wetter und die stark wechselhaften Witterungsbedingungen ein viel besseres Gefühl dafür, was der Ozean für eine Gewalt eigentlich mit sich bringt. Viele Orte sind durch das Fehlen der Menschenmassen noch viel schöner und man hat Zeit sich Orte genauer anzuschauen und neue Perspektiven an Orten zu finden, wo man glaubt sie wären schon von jeder Seite aus fotografiert worden. Man sollte auf jeden Fall wetterfeste Klamotten einpacken, als auch die Kamera Ausrüstung so wasserfest wie möglich transportieren. Da jedoch meine genutzten Linsen von Sigma alle mindestens spritzwassergeschützt sind habe ich mir darum weniger Gedanken machen müssen und konnte mich auf das Fotografieren konzentrieren.

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